Gedankensplitter 2012

Dezember 2012
„Zwischen den Jahren“ erscheint dieser Gedankensplitter. „Zwischen den Jahren“ – dahinter verbirgt sich ein Streit um den Zeitpunkt der Geburt Christi wie auch um den Tag des Neujahrsbeginn. „Zwischen den Jahren“ gab und gibt es eine Vielfalt an Bräuchen und Aberglauben. Sie sollen im neuen Jahr für Glück, Gesundheit und Eintracht sorgen. Wir haben heute dazu unsere guten Vorsätze und da und dort auch insgeheim so manchen Aberglauben, dem mehr oder weniger ernsthaft vertraut wird. Das neue Jahr soll halt ein gutes Jahr werden. Dabei hoffen wir auch auf scheinbar unvernünftiges. Glaube soll ja Berge versetzen können. Tatsächlich haben wir eine innere Kraft, die wir zu wenig beachten. So berauben wir uns der Möglichkeit, diese Energie im guten Sinn für uns zu nutzen. Es gibt einen Zusammenhang zwischen unserem Denken und dem äußeren Geschehen. Folgende Worte aus einem alten Buch ermutigen und ermahnen uns:
„Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.“
Vielleicht nehmen Sie sich ja für das neue Jahr den Vorsatz, mit den eigenen Gedanken achtsamer umzugehen.


November 2012
Dieses Jahr ist aber schnell vergangen – so klagen selbst schon junge Leute. Nun ist das Jahr fast am Ende, der goldene Herbst musste der dunklen und trüben Jahreszeit weichen. Es ist kein Zufall, dass alle traurigen Gedenktage in diese Jahreszeit fallen – der Buß- und Bettag, der Volkstrauertag, der Totensonntag. Diese Gedenktage erinnern uns an die dunklen Seiten des Lebens – an unsere Ängste, an die Konsequenzen von falschen Entscheidungen und von solchen, denen wir aus dem Weg gegangen sind. Und schließlich und endlich wird in dieser Jahreszeit deutlicher als sonst, dass uns nicht ewig Zeit zur Verfügung steht, die hellen wie auch die dunklen Seiten unseres Daseins zu bedenken und zu leben. In einem Lied heißt es: „Du bist ein Teil vom Strom der Zeit, und er duldet kein zurück. Er ist Tod und Leben zugleich, gut und böse, Tag und Nacht.“ Den Strom des Lebens können wir nicht anhalten und wir können ihm nicht entgehen. Die trübe Jahreszeit ist, gegen allen äußeren Schein, keine lebensfeindliche Zeit. Im Gegenteil – sie hält für jeden von uns eine freundliche Einladung bereit: lass dich doch mal bewusst treiben. Reduzier deine Geschäftigkeit, werde still, nimm dich als Persönlichkeit wahr. Schau doch mal in Ruhe nach, was sich so alles in dir bewegt.
Ob wir dann den Strom des Lebens anders wahrnehmen? Lasst uns doch mal schauen!


Oktober 2012
Überall feiern die Menschen in diesen Tagen Erntefeste in einer großen Vielfalt. Es geht uns gut. Den meisten jedenfalls. Nahrung ist reichlich vorhanden. Und wie das oft so ist – was reichlich da ist, wird als Selbstverständlichkeit hingenommen. Wir machen uns keine oder zu wenig Gedanken. Höchstens wird geschimpft, wenn die Preise mal steigen oder die Lebensmittel nicht wie gemalt aussehen.
Aber welche Bedeutung steckt allein im Wort „Lebensmittel“ – ein Mittel zum Leben. Tatsächlich haben wir uns in gut 2 Millionen Jahren Evolution an die natürlich vorhandene Nahrung bestens angepasst. Auch durch unsere Ernährung sind wir zu dem geworden, was wir sind. Heute werden immer mehr Nahrungsmittel industriell hergestellt. Sie werden angereichert mit künstlichen Zusatzstoffen, deren Wirkungen auf unseren Organismus wir nicht überblicken. „Gesunde“ Vitamine werden hochkonzentriert zugesetzt und machen nicht selten krank. Gentechnik und chemische Düngemittel garantieren hohe Erträge bei wenig Aufwand. Dass davon Gefahren für die Natur und das Leben ausgehen, blenden wir aus. Fleisch wird in Mast-Anstalten produziert. Unsere Nahrung ist zum großen Teil ein billiges Industrieprodukt geworden. Entsprechend achtlos gehen wir damit um.
Ob das alles gut geht auf Dauer?


September 2012
Der September geht bald zu Ende und damit auch die Urlaubs- und Reisezeit dieses Jahres. Diese Periode ist eine gute Zeit zur persönlichen Erholung. Aber sie ist noch viel mehr. Befreit vom Alltag mit all seinen kleinen und größeren Sorgen, bietet jede Reise die Chance der Überprüfung: stimmt eigentlich meine persönliche Meinung über eine Menschengruppe, eine Kultur, eine Religion, ein Land?
Wir werden alltäglich mit Nachrichten und Informationen zugeschüttet. Oft sind Konflikte oder Katastrophen der Auslöser für Nachrichten und Kommentare. Sogenannte Experten „erklären“ uns die Welt mit ihrer Sicht der Dinge. Da werden schnell ganze Völker und Kulturen abgestempelt. Ohne schlimme Ereignisse kleinzureden, sie bilden aber doch nur einen Ausschnitt eines Landes und seiner Kultur ab. Sie zu verallgemeinern, ist nicht richtig.
Wir kennen dies ja auch umgekehrt: wunderschöne Bilder in Reiseprospekten, die aber auch nur einen Ausschnitt der Realität zeigen. Reisen wir mit offenen Sinnen und Neugier, erfahren wir: in Wirklichkeit ist alles vielfältiger, bunter, komplexer. Solche Erkenntnisse schützen vor einseitigen Be- und Verurteilungen und befähigen uns zum Verstehen und zum Dialog. Wir werden so immun gegen einseitige Weltschau mit ihren negativen Folgen.
Haben Sie solches erlebt? Erzählen Sie davon!


August 2012
„Bringen Sie doch mal Ihren Alten mit“ – dieses besondere Angebot macht seit einiger Zeit die Linden-Apotheke Behringen. Es ist ein Angebot zum sparsamen Umgang mit unseren Ressourcen. Diskutiert über dieses Thema wird ja reichlich in Politik und Gesellschaft. Und das ist gut so, auch wenn es oft nur beim Reden bleibt, aber immerhin zeigt es eine zunehmende Aufmerksamkeit für diese Problematik. Nicht selten aber stellen sich dabei Ängste ein, in Zukunft nicht mehr so komfortabel leben zu können, wie uns das heute noch möglich ist. Aber bedeutet denn komfortabel zu leben nur bequem zu leben? Früher zwang die Armut die Menschen zu einem sparsamen Umgang mit den lebensnotwendigen Dingen, wie Essen, Kleidung, Transportmittel. Heute können wir uns mehr leisten. Wobei mehr leisten ja sehr unterschiedlich verstanden werden kann. Mehr leisten können zB. im Sinn der wunderbaren Möglichkeit einer freien und bewussten Entscheidung: ich greife nicht deshalb zum Stoffbeutel, weil ich mir nichts anderes leisten kann, sondern im schönen Gefühl, dadurch mit den Raubbau einzudämmen. Dass der Stoffbeutel darüber hinaus belastbarer als der aus Plaste oder Papier ist, kommt noch dazu.
Sich Nachhaltigkeit zu leisten ist die neue Form des Luxus


Juli 2012
Neulich las ich von einer Begebenheit, in der sich ein Mann auf dem Heimweg befand und es hieß, dass der Weg öde war. Konkret wird der Weg nicht beschrieben. Das spielt auch keine Rolle, denn der Weg war deshalb öde, weil der als reich und mächtig beschriebene Mann mit sich unzufrieden war, ohne den Grund dafür nennen zu können. Und so war er auf der Suche. Seine aktuelle Reise hatte ihn an einen Ort geführt, der weit und breit als Ort der Glücksfindung bekannt war. Viele Menschen begegneten ihm und er verbrachte dort auch einige Zeit. Aber sein seelischer Zustand blieb unverändert. So nahm er einige der zahlreich ausliegenden Broschüren mit und fuhr niedergeschlagen heim. Öde war ihm zumute, und so blätterte er auch in den Broschüren. Aber auch das half nichts. Da sprach ihn ein Fremder an und fragte nach dem Grund seines Missmutes. Er muss dies in einer sehr guten Art getan haben, denn der Mann (reich und mächtig) fühlte sich nicht beleidigt, sondern konnte offen und frei erzählen, was ihn bewegte. So kamen die beiden ins Gespräch und die Erzählung endet damit, dass der Mann fröhlich seine Straße zog. Nicht der Ort, nicht die vielen flüchtigen Begegnungen, auch nicht die Broschüren hatten ihn fröhlich gestimmt, sondern die Begegnung mit einem aufmerksamen Zuhörer, der sich Zeit für ihn nahm, sich in den Mann einfühlen konnte und ihm so zur Hilfe für seine Suche wurde.
Ob wir auf den zahlreichen Wegen in der kommenden Urlaubs- und Reisezeit ähnliches erleben werden? Als gute Zuhörer oder als zutiefst fröhlich Gestimmte? Oder gar Beides?


Juni 2012
In der ersten Juniwoche arbeiteten 7 Künstler im Park zu Hütscheroda im Rahmen des diesjährigen Bildhauersymposium. Ihre dabei entstanden Skulpturen stehen unter dem Thema Wachstum. Sie stehen nun in unserer wunderschönen Landschaft und mahnen uns, mit dieser pfleglich umzugehen. Pfleglich im übertragenen Sinn, dass Wachstum nicht unendlich gesteigert werden kann, damit es uns nicht „über den Kopf wächst“. Pfleglich aber auch ganz im eigentlichen Sinn des „Handanlegens“. Dies wurde mir bewusst, als ich während des Symposiums tagtäglich an dem vor genau einem Jahr umgesetzten Mamutbaums vorbei lief. Dieser Baum erinnerte mich wieder daran, dass er nur deshalb hier steht, weil die Behringer Apothekerfamilie ihn nicht einfach fällte, als er am alten Standort zu groß wurde, sondern nach Wegen suchte, ihn zu erhalten. Er steht nun im Park zu Hütscheroda, weil Wolfgang Zott Menschen fand und dafür begeistern konnte, sich des eingesetzten Baumes anzunehmen. So hat Manuel Spieth den Baum regelmäßig gegossen, um sein Einwachsen nicht zu gefährden. Und so steht er nun in aller Schönheit in Hütscheroda, kann sich frei entfalten und gibt Zeugnis davon, dass Wachstum heute mehr denn je bedeutet, nachdenklich und behutsam mit unserer Welt umzugehen.


Mai 2012
Unkraut sein – eine grauenhafte Vorstellung. Unnütz, störend, nicht ins Bild passend, zur umgehenden Beseitigung und Ausmerzung bestimmt.
Auf welcher Grundlage wird eigentlich festgelegt, was Unkraut ist? So entdecken wir heute manches “Unkraut“ als nützliche Pflanze wieder. Gut, dass es sie noch gibt! Niemand kann also genau wissen, welchen Zweck die von und als Unkraut eingestufte Pflanze erfüllt.
Neulich las ich folgendes Zitat: „Freiheit und Nonkonformismus sagen: Ich mache mein Ding, ich lasse mir nicht reinreden, ich bin das Unkraut, ich wachse, wie es mir gefällt.“
In diesem Zitat wird der Begriff des Unkrautes im übertragenen Sinn auf uns Menschen verwendet. Zudem wird die gängige Sicht auf das Unkraut in Frage gestellt. Nicht ängstlich angepasst, sondern auch öffentlich so lebend, wie man sich fühlt und im Grunde seines Innersten ist. Mut zum Ich-Sein, auch wenn man auffällt.
Eine Wiese, die ohne ständige Eingriffe aus sich selbst wachsen darf, sieht bunt aus, ist voller Vielfalt und großem Reichtum.
Ist es mit uns Menschen im Grunde genommen nicht ganz ähnlich?
Sollten wir uns nicht mehr Zeit nehmen für die bunte Wiese unseres Lebens mit all den Verschiedenheiten unserer Mitmenschen?


April 2012
Vor 3 Wochen war Ostern. Die einen feiern Ostern als Frühlingsfest und versammeln sich essend und trinkend um ein großes Osterfeuer. Für andere wiederum ist nur dann richtig Ostern, wenn die kirchlichen Traditionen eingehalten werden. Gar nicht so selten wird dabei entweder spöttisch oder schimpfend die jeweils andere Art des Feierns bewertet. Muss das sein? Ich meine nein. Ostern ist ein Naturfest – die Natur „erwacht“ aus dem Winterschlaf, es beginnt wieder zu grünen und zu blühen. Und Ostern ist ein religiöses Fest – Menschen „erwachen“ aus dem, was Leben erstarren lassen kann – Hoffnungslosigkeit, Ungewissheit, Angst. Beides zu bedenken und zu feiern tut uns gut und ist darum wichtig. Warum also nicht das eine tun und das andere ebenso? Zumal es viele Gemeinsamkeiten gibt: hier das Osterfeuer, dort die Osterkerze; hier Speisen und Getränke, dort Brot und Wein; hier die in der Natur zusammen gekommenen Menschen, dort die im Kirchengebäude versammelten Menschen. So bedenken wir die Natur, in der wir leben und die Religion, die, bewußt oder unbewußt, unser Leben prägt.
Also dann: Auf Wiedersehen beim nächsten Fest.


März 2012
Alltäglich zum Feierabend vor dem Fernsehgerät durch 30 Programme zappen, nebenher mittels Tablet-Rechner bei Ebay stöbern und sich noch schnell mit dem Smartphone um Facebook kümmern – alltäglich damit soviel Aufmerksamkeit verbrauchen, dass zum Genießen des Lebens keine Zeit mehr bliebt
Zum Ausgleich Dinge kaufen, die man kaum oder nur sehr oberflächlich nutzt. Die Quantität des materiellen Wohlstandes steigt und mit ihr sinkt oft die Qualität des Wohlstandes. Wir spüren – es fehlt etwas, Unzufriedenheit mit dem eigenen Dasein begleitet uns. Denn zum Glücklichsein gehört dazu, aktiv und bewusst seine Lebenszeit zu gestalten und zu genießen.
Im April feiern wir das Osterfest. Die kirchliche Deutung des Osterfestes ist die Auferstehung Jesu. Gemeint ist damit allerdings nicht die Rückkehr Jesu in das irdische Leben, sondern die Verkündigung, dass seine Anhänger zu neuem Leben gefunden haben.
Für uns heute könnte neues Leben bedeuten, frei zu werden für Achtsamkeit und Besinnung auf die Bedürfnisse des eigenen Lebens.

 

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